Facebook ist für Unternehmen Fluch und Segen zugleich. Die einen schimpfen über sinkende Reichweiten, schlechte Interaktionen trotz hoher Aktivität und Posting-Frequenz. Die anderen jubeln über eine geile Zusammenarbeit mit den Nutzern und über gigantische Reichweiten durch Empfehlungen und Likes.
Ich habe mit Gusti Leder ein schönes Beispiel eines Start-ups aus Rostock entdeckt, das seit Juni 2015 auf Facebook sehr erfolgreich mit der Community zusammenarbeitet. Das Geheimnis sind 15-sekündige Kurzclips, in denen Gusti Leder neue Produkte vorstellt, die noch in Produktion gegangen sind. In dem Video (Facebook Samples genannt) bitten die Macher die Nutzer um ihre Meinung. Durch gezielte Fragestellungen nach Verschlüssen, Innenfächern, Trageriemen und dem Interieur erhält das Unternehmen wertvolle (Experten)Tipps (insbesondere für Nischenprodukte wie Dampfertaschen und Fahrradtaschen) und kann letztendlich genau die Produkte anbieten, die Kunden wünschen.
Besonders spannend: Die Nutzer werden auch nach dem Preis befragt, den sie für ein solches Produkt ausgeben würden. Und: Die Nutzer geben bereitwillig Auskunft.
Der Anreiz zur Teilnahmen wird dadurch erhöht, dass es zu jedem Video / jeder Produktvorstellung den vorgestellten Artikel zu gewinnen gibt.
Ein Beispiel: Schaut euch diesen Beitrag mal an.
Der erfolgreichste Beitrag
Am 05. Februar veröffentlichte man auf Facebook ein Kurzclip, in dem Gusti Leder eine Tasche vorstellte. Der Beitrag erzielte eine Reichweite von 59491 Personen, kann allein auf der Gusti Facebook Seite 464 Likes und 929 Kommentare aufweisen und wurde 41 mal geteilt, weshalb der Post auch ein so starkes Publikum aufweist. Fast 1000 Kommenare!
Diese Zahlen sind für einen Beitrag eines Startups sehr beeindruckend und belegen den Erfolg dieser Strategie. Die Suche nach einer Community, die die Produkte in Designfragen komplettieren, hat sich als vielversprechend erwiesen.
Mit diesen Facebook Samples hat das junge Unternehmen gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen:
Zu einen konnte Gusti Leder dadurch einen enormen Zuwachs ihrer Follower-Zahl, der Kommentare und der Likes messen. Darüber hinaus stieg die Zahl der Beitragsaufrufe signifikant. Die Posts brachten eine so hohe Reichweite ein, die selbst den Softdrink-Giganten Pepsi und seine deutsche Facebook-Seite übertrumpft.
Zum anderen – und das ist in meinen Augen noch viel wichtiger – kann das Unternehmen die Produktentwicklung ganz an den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden ausrichten. Ein Idealzustand. Die Kunden, vornehmlich Frauen, geben bereitwillig Auskunft darüber, was sie gerne sehen wollen, wie die Tasche oder der Rucksack aussehen soll und was das vorgestellte Produkt kosten darf.
Welches Unternehmen träumt nicht davon, dass einem der Kunde sagt, was er auszugeben bereit ist.
Lernprozess: Nicht alle klappt bei Facebook
Das Unternehmen gibt allerdings zu, dass diese Strategie nicht direkt mit der Gründung da war. Es wurde viel ausprobiert und versucht, den Social Media Auftritt zu optimieren. Einiges davon ging auch schief.
So hat man festgestellt, dass die Kopplung von Produkten an die jeweiligen Produzenten/Produktionsprozesse auf Facebook nicht gut funktionierte. Die UserInnen möchten ein toll designtes Produkt, was ausgefeilt dem jeweiligen Zweck angepasst ist. Der Produkthintergrund funktioniert als Nice-to-know, als das zusätzliche Etwas, was aber nicht in erster Linie den Kauf begünstigt.